Vorstellung des Dossiers Islam • Kultur • Politik am 11.01.2011 in Berlin
Eine reine Problemdebatte war gestern. Zukunftsfähig und bereichernd ist die facettenreiche Kultur des Islams. Anregung zu Gesprächen ist und muss das Ziel des Jahres 2011 sein. Die verallgemeinernden Diskussionen über den Islam und die Muslime des letzten Jahres waren viel zu häufig geprägt von Unwissen über das vermeintlich Fremde in unserer Nachbarschaft.
Mit dem 40 Zeitungsseiten starken Dossier Islam • Kultur • Politik wird der Vielfalt und der Strahlkraft des Islams in Deutschland umfassend Rechnung getragen. Namhafte Autoren und Islamexperten aus Wissenschaft, Kultur und Politik wie Regina Ammicht Quinn, Professorin für Theologische Ethik am Interfakultären Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen, der SWR-Journalist Reinhard Baumgarten, der die Konzeption der ARD-Dokumentationsreihe „Gesichter des Islam“ entwickelte, Rauf Ceylan, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Osnabrück, Heinz Fromm, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, Kübra Yücel, Bloggerin und Journalistin und viele mehr haben zu der Besonderheit des Dossiers und seiner großen inhaltlichen Vielfalt beigetragen.
Außerdem kommen Verbandsvertreter und Politiker wie Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland oder Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung zu Wort.
____________________________________ Zum Inhalt schrieb Olaf Zimmermann im Editorial:
Zweifelslos. (...) Steinig war der Weg, weil im wahrsten Sinne des Wortes viele spitze Steine und tiefe Fahrrinnen beim Thema Islam vorhanden sind. Wir wollen in diesem Dossier die üblichen Fahrrinnen, die sich gerade in den letzten Monaten in den Medien und der Politik durch die „Sarrazin- Hysterie“ noch tiefer eingegraben haben, so oft wie möglich verlassen und ein möglichst weites und differenziertes Bild über den Islam, seine Kultur und Politik anbieten. Spitz sind die Steine, weil besonders die Strukturen von Moscheen, islamischen Vereinen und Verbänden manchmal schwer einzuschätzen sind.
Die islamische Zivilgesellschaft ist eine unbekannte Welt mitten unter uns. Aber es gibt viele Ansätze der Öffnung dieser Welt und des Interesses an dieser Welt. Der Tag der offenen Moscheen, der seit 2007 jährlich vom Koordinationsrat der Muslime in Deutschland durchgeführt wird, ist eine solche Möglichkeit, die von erfreulich vielen Bürgerinnen und Bürgern, die mehr wissen wollen, genutzt wird. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Integration, die nicht als bloße Anpassung der Minderheiten- an die Mehrheitsgesellschaft missverstanden wird, ist Unbekanntes bekannt zu machen. Natürlich spielt Integration für den Deutschen Kulturrat schon seit Jahren eine große Rolle. Wir haben vor rund einem Jahr einen Runden Tisch zusammen mit Migrantenorganisationen eingerichtet und debattieren intensiv Fragen der kulturellen Bildung. Wir geben dem Thema Integration in unserer Zeitung politik und kultur durch eine eigene regelmäßige Beilage ein deutliches Gewicht und haben vor einigen Wochen in einem Workshop die provozierende Frage gestellt „Ist der Deutsche Kulturrat zu Deutsch?“. Aber wir haben bislang bei dem Thema Integration versucht, religiöse Fragen weiträumig zu umschiffen. Obwohl Religion als Teil der Kultur natürlich bei allen Debatten der letzten Jahre mitschwingt, ist die deutliche Benennung des Islams als kulturpolitische Größe in Deutschland eine neue Qualität. Schon bei dem Thema „Die Kirchen, die unbekannte kulturpolitische Macht“ wurde deutlich, dass es nicht ausreicht festzustellen, dass die beiden christlichen Kirchen wegen ihrer finanziellen Aufwendungen zu den zentralen kulturpolitischen Akteuren in Deutschland gehören. Es musste auch benannt werden, wie und in welchem Umfang die Wirkungen der beiden großen christlichen Kirchen auf das kulturelle Leben in Deutschland zu spüren sind.
„Und jetzt kommt auch noch der Islam“, werden einige sagen. „Der Islam gehört zu Deutschland“, hatte Bundespräsident Christian Wulff am 3. Oktober 2010 in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit gesagt und damit nicht nur in seiner Partei, der CDU, eine Welle der Empörung ausgelöst. Der Ruf nach einer Leitkultur, die auf dem christlich-jüdischen Erbe beruhen soll, wird wieder lauter. Und haben die Kritiker des Bundespräsidenten nicht recht: Deutlich unter 3.000 Moscheen dürfte es in Deutschland geben von denen sich die meisten versteckt in Hinterhöfen befinden. Nur wenige Minarette ragen bislang in den deutschen Himmel und nur an wenigen Orten in Deutschland ruft der Muezzin die Gläubigen hörbar zum Gebet. Die über vier Millionen Muslime, die in Deutschland leben gehören zu Deutschland, aber auch der Islam? Dieses Dossier will diese Frage diskutieren. Ich für meine Person kann nur sagen: Zweifellos gehört der Islam zu Deutschland, aber lesen Sie selbst....
Der Verfasser Olaf Zimmermann ist Herausgeber von politik und kultur und Geschaeftsfuehrer des Deutschen Kulturrates
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Die Bilder des Dossiers „Islam · Kultur · Politik“ basieren zum Teil auf der Ausstellung „TASWIR – Islamische Bildwelten und Moderne“, die vom 5. November 2009 bis zum 18. Januar 2010 im Martin-Gropius-Bau in Berlin gezeigt wurde. Ziel der Ausstellung war es, den Betrachtern eine aktuelle Sicht auf Ausdrucksformen islamisch geprägter Bildwelten zu vermitteln. Klassische Exponate islamischer Kunst wurden in einen Zusammenhang zu modernen und zeitgenössischen Positionen in Graphik, Zeichnung und Malerei, Fotografie, Video-Kunst, Installation, Klang und Skulptur gestellt. Konstruierte Grenzziehungen zwischen „Orient“ und Okzident“ galt es als Besucher zu überdenken und einen umfassenden Einblick in den Facettenreichtum islamischer Kunst aus Vergangenheit und Gegenwart zu erhalten.
Zum PDF-Dokument: http://www.kulturrat.de/dossiers/islam-dossier.pdf
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Web: http://www.kulturrat.de
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Gebetsnische (Mihrab) aus der Beyhekim-Moschee, Fayencenmosaik, Konya/ A natolien 13. Jh. (Inv.-Nr. I. 7193) © Museum fuer Islamische Kunst/Staatliche Museen zu Berlin, Fotograf: Georg Niedermeiser
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