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Grüne sind sich ganz grün

20. Oktober 2013

Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Berlin: Die Vorstandswahlen

Berlin, 19.10.2013. Wiedergewählt. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir stellte sich wieder zur Wahl für den Bundesvorsitz. Trotz Kritik vom Realo-Flügel wegen der Wahlniederlage 2013 erhielt er 71,41 Prozent der Delegiertenstimmen. Die populären Umfrageinstitute sowie die Partei sahen die Grünen bei etwa 14 Prozent. Kassiert wurden am 22. September 2013 dann 8,4 Prozent. Die Partei wurde somit viertstärkste Partei im Bundestag mit 63 Sitzen.

Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis 90/Die Grünen in Berlin

Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis 90/Die Grünen in Berlin 19.10.2013. Foto: Die neu gewählte Parteispitze als Gruppenbild mit Blumen. v.l.n.r. Benedikt Mayer; Michael Kellner; Simone Peter; Bettina Jarasch; Gesine Agena; Cem Özdemir. (© Foto: Friedrichson Pressebild/Friedhelm Schulz)

Nachfolgerin von Claudia Roth wurde die frühere saarländische Umweltministerin Simone Peter. Sie erhielt 75,91 Prozent Stimmen. Sie will verlorenes Vertrauen zurück gewinnen und in den Gesellschaften den Rückhalt für zukünftige Wahlen stärken. Simone Peter ist unter den Parteimitgliedern noch nicht sehr bekannt und wolle das ändern. Tatsächlich plauderte bei den saarländischen Delegierten am Samstag von einer Begegnung während die junge Dame einen Kaffee trank. Da kamen plötzlich so viele Kameraleute an und die neue Grünen-Bundesvorsitzende mit den blond gefärbtem Pferdeschwanz und dem roten Armband stand im Medieninteresse. „Ich wusste gar nicht, neben wem ich da saß.“

Die Beisitzer- und Vorsitzendenwahl verschob sich um zwei Stunden wegen der gefühlvollen und engagierten Abschiedsszenen und Video-Zeitraffer-Biografien mit Musikuntermalungen und Moderationen.

Die emotional stets engagiert wirkende Claudia Roth wurde nach elfeinhalb Jahren Bundesparteivorsitzende aus dem Amt verabschiedet. Sie trat nicht erneut zum Vorstand an. Erst beim Mitgliederentscheid stark von der Parteibasis angegriffen worden, dann beim vergangenen Parteitag als Bundesvorsitzende wieder bestätigt, machte Roth 2012 noch mal zitternde Knie und Erleichterungen durch. Dieses Jahr entschied sie nach der Bundestagswahl in das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten umzusatteln und steht für dieses Amt zur Wahl. (http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/47318709_kw42_vorbericht_konstituierende_sitzung/index.jsp)

Laudator Frithjof Schmidt sagte, Roth habe „die emotionale Wahrheit der Partei“ verkörpert. In ihrer Abschiedsrede hob sie die wesentlichen grünen Eigenschaften hervor, aus denen die Partei in mehr als dreißig Jahren ihre gesellschaftliche Kraft bezogen habe. Grüne Politik gebe vor allem denen eine Stimme, die nicht gehört werden. Dabei wandte sie sich direkt an die Flüchtlinge aus Lampedusa, die auf dem Berliner Oranienplatz campen und einige davon Gäste auf dem Parteitag waren und am Sonntag auf die Bühne traten.

Claudia Roth ihr „wunder-wunder-wunder-bares“ Abschiedsgeschenk wie sie am Ende ihrer Rede sagte ist eine eigene Schau im Berliner Ensemble mit 200 selbst gewählten Gästen. Es konnte beobachtet werden, dass vereinzelte Mitglieder/innen auf die Tische stiegen, um ihre Begeisterung für Roth auszudrücken.

Vorher wurden die Geschäftsführerin Steffi Lemke nach elf Jahren Arbeit verabschiedet sowie die Frauenbeauftragte und Beisitzerin der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich sowie der jüngste Beisitzer, Marle Stilitz, nach erstmals in der Parteigeschichte siebenjähriger Zugehörigkeit. Steffi Lemke ist Mutter einer Tochter und 2013 über die Landesliste bei der Bundestagswahl erneut ins Parlament gewählt worden. Sie möchte das Mandat annehmen und wurde so gebührend verabschiedet, dass sie in ihrer Rede bemerkte, sie habe die Emotionen am Pult eher zurück gehalten und auch im Job als Geschäftsführerin und motivierte Neu-Organisatorin der Partei.

Für den durch eine stotternde Sprechbehinderung gehandikapten Marle Stilitz ist es ebenfalls ein freiwilliger Umstieg. Er möchte sehen, wie sein gerade krabbelnder Nachwuchs gehen lernt. Als Politiker habe er weder Zeit für sich – er möchte seinen Studienabschluss nachholen – noch für die Familie. Er bedankte sich für das große Vertrauen und die Chance, das habe erfüllen zu dürfen. Auch er bekam kräftigen Beifall und Standing Ovation.

Am Bundeparteitag im Berliner Velodrom nahmen rund 800 Delegierte teil. (Sylla, LÄ 24.10.2013)

Mehr zu den Wahlergebnissen:

http://www.gruene.de/partei/parteigremien-neu-gewaehlt.html

 

Anderes Medium zu Thema:

http://www.fr-online.de/bundestagswahl—hintergrund/parteitag-gruene-gruene-auf-neuem-kurs,23998104,24683470.html

 

 

(© Fotos: Friedrichson Pressebild/Friedhelm Schulz)