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Datenschutz im 21. Jahrhundert

Gemeinsame Pressekonferenz von Verbraucherverband und Datenschutz./ Freiheits- und Persoenlichkeitsrechte im Netz – wo verlaufen die Grenzen?

Berlin, 6./8./12.12.2010. Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. 72 Prozent der deutschen Bevoelkerung sind online, so eine Studie von Initiative D21 und TNS Infratest 2010. Der bayerische Verbrauchermonitor fand jedoch heraus zwei Drittel der Internetnutzer halten die Gefahr fuer gross, im Internet ausspioniert zu werden und eine Studie der Fittkau und Maass Consulting GmbH besagt, 60 Prozent der deutschen Bevoelkerung glauben, dass ihre Daten zu Werbezwecken missbraucht werden.

Das erfordert ein modernes Datenschutzrecht. In der zweiten gemeinsamen Bundespressekonferenz von Gerd Billen, Bundesverbandsvorstand der Verbraucherzentralen e.V., und Peter Schaar, dem vom Bundestag gewaehlten Beauftragten fuer den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BFDI), wurde eines klar: ein modernes Datenschutzrecht fuer das 21. Jahrhundert muss her.

Gesetzliche Rahmen verbessern. Daher wuenschen sich Gerd Billen und Peter Schaar lieber „etwas mehr Leutheusser-Schnarrenberger, als Thomas de Maizière“ in Sachen Datenschutz fuer Verbraucher, sagten sie am Montag, 6.12., in Berlin. Zum zweiten Mal ist Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Bundesjustizministerin. Diesmal im Merkel-Kabinett zwei. Im Hamburger Abendblatt schrieb sie in einem Gastkommentar, was Billen und Schaar ein Herzensanliegen ist: Die Erstellung von Profilen durch Unternehmen sei "eine besondere Gefahr für das Persönlichkeitsrecht" und muesse gesetzlich geregelt werden (Stichwort: Bundesdatenschutzgesetz § 38a: http://www» .sadaba.de/GSBT_BDSG_33_38.html).

Thomas de Maizière, Innenminister seit 2009, favorisiere dagegen die Selbstverpflichtung der Informationstechnikindustrie (IT-Industrie) und liege damit naeher an den Beduerfnissen und Forderungen von Vereinigungen wie der Bitkom, dem Dachverband der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche. (Der Verband vertritt mehr als 1.350 Unternehmen, davon über 1.000 Direktmitglieder. Hierzu gehören fast alle Global Player sowie 700 leistungsstarke Mittelstaendler. Die Bitkom-Mitglieder erwirtschaften 135 Milliarden Euro Umsatz und exportieren Hightech im Wert von 50 Milliarden Euro. Bitkom repräsentiert damit rund 90 Prozent des deutschen ITK-Markts. Quelle: bitkom.de)

Die freiwillige Selbstverpflichtung verbindlicher machen. Den Datenschutz-Kodex der Bitkom begruessen Billen und Schaar, aber der beziehe sich nur auf die Branche der Geodatendienste und ersetzt kein verbrieftes, einklagbares Recht auf Widerspruch. Das Widerspruchsrecht haenge weiter vom Goodwill einzelner Anbieter ab, heisst es in der Pressemitteilung des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale vom 6.12. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung muss durchgesetzt und nicht beantragt werden. Und zwar nicht erst bei der Veroeffentlichung von Daten Dritter, sondern bereits das Zusammenstellen und Verknuepfen der Daten soll verboten werden.

Verbraucher- und Datenschutz international durchsetzen. Die Verbraucher- und Datenschuetzer fordern in ihrem Fuenf-Punkte-Katalog, den sie gerne Bundeskanzlerin Angela Merkel mit auf den naechsten G20-Gipfel im Jahr 2011 mitgeben wollen, in Punkt drei, das Datenschutzrecht global zu diskutieren und umzusetzen. Da gehoert das Thema hin. Schliesslich agieren die industrialisierten Sozialen Netzwerke und diverse Dienstleistungsbranchen global und nutzen Dank Programmiertechnik Daten Dritter von vernetzten oder unvernetzten Portalen, Foren, auch wenn der Internetnutzer in einem Onlineshop nichts gekauft hat, sondern nur Angebote ansah, findet er sein Nutzerverhalten widergespiegelt in einem anderen Internetunternehmen. Da koenne sich Nutzer (User) auf Seiten ueber die Google-Suchmaschine finden und in Zusammenhaengen, ohne je dieses Portal betreten zu haben. Das ist nicht realistisch und manchmal hat das unerwuenschte Folgen.

Das Abkommen Safe Habour (Sicherer Hafen) zwischen der Europaeischen Union und den USA ueber die Einhaltung des Datenschutzes muss verbessert werden. Internetdienste, die unter dieses Abkommen fallen, sollen sich an europaeisches beziehungsweise an das jeweilige nationale Recht halten und dies gegenueber dem Nutzer kenntlich machen.

Nicht: Klau-Computing, sondern Cloud Computing. Es ist nicht leicht fuer den Verbraucher, dem Cloud Computing zu entkommen, von dem die IT-Industrie so begeistert ist. Allen voran Bitkom-Praesident Professor August-Wilhelm Scheer, der am Dienstagnachmittag den 5. Nationalen IT-Gipfel in Dresden als vollen Erfolg bewertete. „Der diesjaehrige IT-Gipfel bringt konkrete Ergebnisse in der Netzpolitik, beim Aufbau intelligenter Netze sowie bei der Bildung und Qualifizierung von IT-Spezialisten“.

Um den Datenschutz fuer Verbraucher wird es auf dem IT-Gipfel am wenigsten gehen, sagte Peter Schaar in der Pressekonferenz einen Tag vor dem Dresdener Treffen.

Der Nutzer ist automatisch in der „Wolke“. Automatisch mittendrin in den staendig erneuernden Formen von IT-Diensten, die Wirtschaft und Gesellschaft in Echtzeitatem haelt ueber die Datennetze (in der „Wolke“). Es spielt sich immer weniger auf lokalen Rechnern ab.

Diese Technologie entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einem Milliarden-Markt, so die Bitkom, mit einer hohen standortpolitischen Bedeutung für die gesamte deutsche Wirtschaft. (Nach einer aktuellen Studie der Experten Group fuer die Bitkom werde der Umsatz mit Cloud Computing in Deutschland von 1,14 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2015 steigen und in fuenf Jahren fielen darauf etwa 10 Prozent der gesamten IT-Ausgaben in Deutschland auf diese Technologie. Der Leitfaden wurde von Bitkom im Projektrahmen des BMWi-Aktionsprogramms Cloud Computing erstellt.)

www.surfer-haben-rechte.de

Soziale Netzwerke sind wie der Dorfmarktplatz früherer Jahrhunderte. Man trifft Leute, unterhält sich mit ihnen und manche haben Neuigkeiten zu erzählen. Der Unterschied zum Dorfmarktplatz: Das Dorf ist jetzt global und es ist nicht mehr an Marktzeiten gebunden.


Technologischen Datenschutz staerken. Laut Gerd Billen von der Verbraucherzentrale und Peter Schaar, Deutschlands Datenexperten, koennen IT-Projekte auch voran gebracht werden ohne personenbezogene Datenerfassung oder unter Verwendung von Pseudonymen. Konkret sollten die Voreinstellungen von IT-Geraeten und Internetdiensten standardmaessig ein hohes Datenschutz- und damit Verbraucherschutzniveau aufweisen (Stichwort: privacy by default). Dazu gehoerten voreingestellte Verschluesselungsmechanismen bei Websites und E-Mail-Diensten oder datenschutzfreundliche Voreinstellungen in Sozialen Netzwerken und bei Browsern.

Datenerhebung und -verarbeitung transparent machen. Die Nutzer muessen mit deutlichen Informationen im Internet rechnen duerfen. Gerd Billen fuenfte Forderung ist, die betroffenen User sollen in die Lage versetzt werden, ihre nach dem Bundestatenschutzgesetz (BDSG) bestehenden Auskunftsrechte geltend machen zu koennen. Es muss offen sein, wer welche Daten zu welchem Zweck gespeichert hat. Vielmals kann der Internetuser nicht bestimmen, von wem seine Daten, wie verwendet werden. Anschreiben auf mehr Transparenz oder Unterlassen der Datennutzung ohne Einwilligung verschwinden im Nichts. Im Forderungskatalog zur Modernisierung des BDSG vom 2. Juni 2010 der Verbraucherzentrale steht zur Transparenz auf Seite fuenf, der Verbraucher muesse Herr ueber seine Daten bleiben – jederzeit und uneingeschraenkt (Stichwort: § 28 BDSG: http://www.» gesetze-im-internet.de/ bdsg_1990/__28.html).

Freiwillige, aktive, informierte und begrenzte Einwilligung. Eine Moeglichkeit ist die aktive, informierte und freiwillige Einwilligung in die Datennutzung. Der Nutzer muss durch bewusstes Handeln zustimmen, digital zum Beispiel durch aktives Anklicken eines Kontrollkaestchens oder schriftlich durch gesonderte Unterschriften. Eine Einwilligung vorauszusetzen durch konkludente Erklaerungen (stillschweigende Willenserklaerungen) ueber das Akzeptieren der AGB oder gar durch blosses Nutzen einer Internetseite duerfe nicht gestattet sein. Der Betroffene muss vor Erteilung der Einwilligung wissen, welche Folgen seine Einwilligung hat. Auf einem Button sollte extra geklickt werden muessen und darauf oder umgebungsnah muessen die Information ueber die Nutzungsbedingungen oder Preise fuer deutlich gemachte Dienste stehen.

Der User soll nicht boese ueberrascht werden von einem zwoelfseitigen Vertrag nach Eingabe seiner Daten auf einem augenscheinlich kostenlosen Internetportal und einwilligen in die AGB per Mausklick auf einen nichts aussagenden Button. Ohne Einverstaendnis hat er ploetzlich einen Zweijahresvertrag zu einem Preis von mehreren hundert Euro, aus dem er nicht mehr heraus kommt. Bekommt wie unter Zwang IT-Services oder Dienstleistungen, die er nicht wollte und sich finanziell nicht leisten wuerde. Zur Vermeidung solcher Datenmissbrauche fordern Verbraucher- und Datenschuetzer einen Nachweis der Einwilligung. In Streitfaellen funktioniert das praktisch haeufig nicht. Die Verantwortlichen behaupten haeufig eine Einwilligung zu haben, weisen diese aber nicht nach. Es muss eine gesetzliche Klarstellung erfolgen, dass dieser Anspruch besteht.

Die 2009 eingefuehrte elektronische Einwilligung wurde laut Aenderungspapier zum Bundesdatenschutz (Seite 6), nicht im allgemeinen Teil § 4a BDSG, sondern in § 28 IIIa BDSG eingegliedert. Sie ist damit fuer Werbeeinwilligungen gueltig. Mit einer Regel im allgemeinen Teil des BDSG kaeme die elektronische Einwilligung generell besser zur Geltung.

Die Verbraucherschuetzer fordern, Einwilligungen nach zwei Jahren zu loeschen und die Daten neu von den Nutzern zu erheben. Als Pendant zum Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Grundgesetzartikel 10 GG ist weiter ein Mediennutzungsgeheimnis fuer elektronischen Verkehr einzufuehren. Hintergrund dieser Regel soll der Schutz der Persoenlichkeitsrechte sein, angelehnt an § 1 GG: zum Schutz der Menschenwuerde. Ausserdem muessten Verbraucherverbaende mit einem Recht ausgestattet werden, gegen Datenschutzverstoesse zu klagen.

Den Verbaenden sind die Haende gebunden, da die Gerichte das Datenschutzrecht nicht als eine Verbraucherschuetzende Norm im Sinne des § 2 des Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) anerkennen. Im Falle des Datenmissbrauchs von Unternehmerseite gegenueber des Nutzers koennen keine Verbandsklagebefugnisse fruchten, gesetzeswidriges Handeln bleibt sanktionsfrei, da der einzelne Verbraucher den hohen Aufwand einer Klage im Alleingang scheut. Aenderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) bleiben laut Datenschuetzer ebenfalls unabdingbar: § 29 ZPO, der besondere Gerichtsstand des Erfuellungsortes! Unterstuetzung findet die Verbraucherzentrale bei den Bundeslaendern.

Die Verbraucherzentrale regt an, zu ueberlegen, ob nicht grundsaetzlich per Telefon oder per Internet abgeschlossene Vertraege fuer ihre Wirksamkeit einer schriftlich-postalischen Bestaetigung beduerfen.

Begriffe und Definitionen
. Veraltete Begriffsbestimmungen, wie „oeffentlich zugaengliche Daten“, §3 BDSG, aus den Jahren, als es nur Telefonbuecher und oeffentliche Register gab, muss konkretisiert und einschraenkend definiert werden. Zu streichen waere „sofern er nicht bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt hat“, §4 III1 BDSG. Die Schadensersatzregeln §§ 7 und 8 BDSG sind zu verschaerfen. Es besteht die Gefahr durch Datenverarbeitung eine Vielzahl unterschiedlicher Betroffener zu schaden. Die Gefaehrdenhaftung bei Datenschutzverstoessen gilt bisher fuer oeffentliche Stellen, muss aber auch fuer nicht-oeffentliche Stellen gelten. (fs)

Weiterfuehrende Informationen

Aenderungsbedarf im Datenschutzrecht: Forderungskatalog (17 Seiten) zur Modernisierung des BDSG (2. Juni 2010): http://www.vzbv.de/mediapics/» aenderungsbedarf_datenschutzrecht_forderungen_vzbv_juni_2010.pdf

Pressemitteilung: http://www.vzbv.de/go/» presse/1427/index.html

Internetseite des Datenschutzes: http://www.» bfdi.de/

Mehr Infos von der Verbraucherzentrale fuer Surfer-Rechte: http://www.» surfer-haben-rechte.de/cps/rde/xchg/ls_digitalerechte/

Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Laender: Ein modernes Datenschutzrecht fuer das 21. Jahrhundert: www.» baden-wuerttemberg.datenschutz.de/service/gem-materialien/modernisierung.pdf (» baden-wuerttemberg.datenschutz.de)
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Anderes Mediun zum Thema: http://www.» wuv.de/nachrichten/digital/leutheusser_schnarrenberger_ will_datenschutz_grundlegend_erneuern

Mehr von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: http://www.» leutheusser-schnarrenberger.de/ politik/bundestag /online-datenschutz-muss-grundlegend-erneuert-werden

Mehr Fachwissen: Cloud-Computing, Leitfaden von Bitkom: http://www.» bitkom.org/66143_66139.aspx

Datenschutz-Kodex der IT-Industrie: http://www.» bitkom.org/files/documents/Datenschutz_Kodex.pdf

Wozu die G8- und G20-Treffen?
http://www.» bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/G8G20/g8-g20.html

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