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Instinktloser Streit im Haus der Presse

Wolfgang Schäuble (CDU)

(Foto: archiv/sylla)


Kommentar von Franziska Sylla

Berlin, 28.4.2009. Das versprach ein anspruchsvolles Streitgespräch zu werden: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble exklusiv und ohne Fernsehkameras zu Besuch im Haus der Presse, Markgrafenstraße 15/Ecke Rudi-Dutschke -Straße. Mit ihm streiten wollte Christian Bommarius, Leitender Redakteur der „Berliner Zeitung“, das ganze Geschehen moderieren wollte Dagmar Engel, Chefredakteurin der Deutschen Welle TV.

Ein nett gemachter Anfang von Dagmar Engel, sie befragte die Anwesenden. Unter den rund sechzig Gästen waren überwiegend Journalisten, Pressesprecher und Medienleute. Ein Drittel war juristisch gebildet und zwei Drittel verstanden eher weniger vom Thema. Heraus kam auf Nachfrage von Wolfgang Schäuble auch, dass vier oder fünf Anwesende das aktuell zur Diskussion stehende BKA-Gesetz gelesen hatten und damit überhaupt auf das Thema Pressefreiheit versus Sicherheit vorbereitet waren. Dagmar Engel stellte noch fest, keiner der Anwesenden habe bisher noch nie in seinem Leben gelogen.

Alle Besucher wollten im wärmer werdenden Dachgeschoss das Gespräch des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e. V. und der weltweit agierenden Vereinigung Reporter ohne Grenzen zum Thema "Sicherheit versus Pressefreiheit - Ein Grundrecht auf dem Prüfstand" erleben.

Bundesinnenminister

Wolfgang Schäuble bei der Frauen-Fifa- Vorfeier 2008. (Foto: archiv/ sylla)

Ob es an den frühsommerlichen Temperaturen lag oder weil die Journalisten sich krampfhaft an ein Protokoll hielten, das von der Realität schon längst eingeholt war, eine Diskussionsatmosphäre wollte nicht aufkommen. Bommarius wollte ein mehrere Seiten langes Skript vorlesen, Minister Schäuble mehrmals gehen und Dagmar Engel erfuhr nach dreißig Minuten, sie verfolgte einen anderen Zeitplan als Wolfgang Schäuble. Das ermutigte die Journalistin aber nicht dazu, ihre potentiell aufgetretene Eigeninitiative weiter zu verfolgen. Trotz nunmehr geöffnetem Fenster und mehr Luft, zeigte sich Christian Bommarius weiterhin hitzig, einige Gleichgesinnte aus dem Publikum am Ende dann ebenso, doch da setzte Innenminister Schäuble zum entgültigen Weggehen an: Sie haben jetzt anderthalb Stunden Zeit gehabt, Fragen zu stellen und jetzt, wo er gehen müsse, fingen sie erst damit an.

Erinnerung? Der Innenminister sagte, die Gesetze schützten beispielsweise zu neugierige Journalisten, die auf eigene Faust ermittelten. Der Journalist vertrat den Standpunkt, das BKA-Gesetz verhindere investigativen Journalismus und mache den Journalisten im Nebeneffekt zum Gefährder, der überwacht werden müsse. Klar wurde auch, die angewandten Gesetze funktionierten bereits auf Landesebene bei besonderen Bundeseinsätzen nach Absprache mit den jeweiligen Ländern. Genau dieses Gesetz sei nun "wortgleich als Bundesgesetz verfaßt" worden, sagte Innenminister Schäuble und er fragte sich laut, ob da von Seite der Journalisten eine vorschnelle Reaktion Auslöser der Kritik sein könnte. Der Journalist sei generell, insofern er keine Straftat relevanten Handlungen begehe, nicht im Licht der Bundeskriminalbeamten und werde nicht mit dem Gefährder gleich gesetzt.

Die erwartete rechtliche Exkursion rund um die Pressefreiheit und die Einschränkungen, die Journalisten durch das BKA-Gesetz erfahren, weil sie mit sogenannten Gefährdern, wie zum Beispiel Terroristen, sprechen, sich in ihren Quartieren bewegen, ihre Interntseiten lesen oder E-Mail beantworten, bleb aus. Inwiefern Probleme im In- oder Ausland bei deutschen oder ausländischen Korrespondenten auftreten, gar die Arbeit zum Erliegen bringen, wurde von Christian Bommarius thematisch vorgelegt. Die Podiumsgäste waren jedoch ungleich vorbereitet, so fehlte ein argumentativer Schlagabtausch, der die speziellen Begebenheiten zum Schutze der Journalisten, die ihre Rechtsverhältnisse beim Zeugnisverweigerungsrecht wahrnehmen, erhellt hätte.

Die genauen rechtlichen und Datenschutz relevanten Vorgehensweisen, die Journalisten zu Geheimnisträgern machen, wurden immer wieder aus dem Zusammenhang gerissen und welche Gesetze gemäß der präventiven Maßnahmen der Kriminalbeamten den investigativen Journalisten berühren, wurde dem unbedarften Zuhörer nicht klar. Ein Wissensaustausch blieb stecken, sobald es um rechtsgenaue Verwaltungseinschränkungen ging, die journalistisches Arbeiten behindern oder eben das Leben eines Journalisten beschützen könnten.

"Der Streit kam nicht zu kurz", stellte der Vorstandssprecher Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen zum Schluss fest und eine „Erkenntnis“ nahm Moderatorin Dagmar Engel mit, die sie diesmal aber nicht explizit zusammenfasste.


Hintergründe
Das Landeskriminalgesetz
Das Bundeskriminalgesetz

Weiterführende Links
http://www.bdzv.de/bdzv_intern+M5e8c5688232.html

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