Alle außer Gefahr. Brief aus Bosnien.

Ein Brief aus Bosnien

„Uns allen geht es gut. Niemand ist verletzt oder annaehernd in Gefahr.
Zurzeit sind ueberall in Bosnien Demonstrationen. Es sind Proteste gegen die gewaltige Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Man fordert zahlreich Ruecktritte von all den Politikern die nun seit 19 Jahren vieles versprechen, aber immer weniger tun. Leute hungern, mehr als 500.000 sind ohne Arbeit und falls sie doch arbeiten, haben sie ein Niedrigstlohn, so gegen 200-300 Euro.

Alles fing in Tuzla vor 8 Tagen an, dort wurde eine grosse Fabrik geschlossen, Leute wurden vor die Strasse gesetzt, hatten keinen Lohn seit Monaten. Erst waren es friedliche Demos, doch dann ging die Polizei auf die Demonstranten los und danach eskalierte die Situation. Leute aus ganz Bosnien wollten Tuzla Beistand bieten doch daraus wurden Massendemonstrationen in allen Staedten unseres Landes. Viele Jugendliche ohne Arbeit, Kriegsveteranen und pensionierte Mitbuerger versammelten sich am Donnerstag in Sarajevo und so ging es dann hier los. Zum ersten Mal vereint zogen alle zusammen an einem Strang: Muslime, bosnische Kroaten so wie bosnische Serben (obwohl die Medien anders berichten; die Medien in unserem Land sind ein Witz.)

Weil die Politiker im ganzen Land versuchten das alles abzuwimmeln, wurden die Buerger wuetend und die Situation eskalierte erst in Tuzla am Donnerstag (dort haben ca 10.000 Leute das Gebaeude der regionalen Regierund angezuendet) danach in Sarajevo am Freitag, ebenfalls das gleiche Gebaeude. Es war schon ziemlich gruselig, denn all das passierte ca 3-4 km von uns entfernt. Ich bekam das meiste mit denn ich kam von der Uni, musste dort vorbei. Viele Polizisten, Rettungsdienste und auch Demonstranten wurden verletzt, durch Steine, Schlaege oder Feuer. Manche sagen es sei wieder wie 1992, wie im Kriegszustand.

Freitag hatte ja Eso Geburtstag aber durch all das kam man nicht so richtig zum feiern. Wir sassen vor dem Fernseher und verfolgten alles mit. Mittlerweile ist es friedlicher geworden, es kommt zu keinen schlimmen Auseinandersetzungen mehr. Liegt wohl daran das sehr viele Politiker zurueckgetreten sind. Alle sind sehr gluecklich darueber, die Leute freuen sich auf ein neues Morgen, die Revolution steht vor der Tuer. Man spuert das auch irgendwie in der Luft, Veraenderungen sind unvermeindbar 🙂 Auch morgen finden wieder Demonstrationen statt, solange bis die Regierung der ganzen Foederation faellt.
Wir moechten uns bei Ihnen ganz ganz doll bedanken, dass Sie stehts an uns alle denken.“

E., 10.2.2014

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