Ein journalistischer Veteran, schon ohne den einen oder anderen Zahn,
sitzt neben anderen Alten mit einigen Sorgenfalten
im gut besuchten, von Gutbetuchten geschätzten,
Reichstags-Cafe’ und träumt von einem – Autodafe’!
Er ist nicht betrunken und will auch nicht unken,
aber das Türenschlagen der schwarzen Dienstwagen
und ringsum das Menschengewühl gibt ihm das unheimliche Gefühl,
er lebt in einer Fassaden-Welt, die ganz plötzlich zusammenfällt!
Das Land steht nicht auf festem Boden. Man liebt den Jux und absurde Moden
und lügt sich das Leben zurecht: Nicht mal der Holocaust-Friedhof ist echt!
Das Festlichfeierliche wird ausgeklammert,
der weltweite Totentanz wird nicht bejammert:
ob Auschwitz oder Syrien – schnell vergessen sind die Furien.
Aber damit man Mord und Totschlag nicht vermisst,
gibt’s allabendlich Fernsehkrimis für den Sadist.
So hat man auf harmlose Weise am Töten Spaß
– erst recht dann mit ‚nem bayerisch Maß,
und mit Fußball, wenn die a n d e r e n laufen
… Ansonsten schnell noch ein Schnäppchen kaufen!
Dies alles muss der Journalisten-Senior akzeptieren,
auch, dass sich deutsche Mädels nicht mehr genieren.
Allerdings, die Talkshows mit Politik-Geschnatter
die nerven den alten, erfahrenen Gevatter!
Er staunt, wie selbstbewusst sich die Eloquenzen alle geben
– die Diätendemokratie lebt nun mal vom Reden.
Er wünschte sich am Ende riesengroße Säle zum S c h w e i g e n,
zur Erbauung der Seele, und er fragt sich manchmal schon:
Wie wär’s denn mit der Religion?
Stani 28.8.12