Kurzgeschichte von Stani: Ein Kuhdorf mit dem Namen „Frodsmreh“

Die Zwitscher-Akademie                                            22.1.15

 

Ein Kuhdorf mit dem fast unaussprechlichen Namen Frodsmreh ist plötzlich in aller Munde.

Die 12-köpfige Zuwandererfamilie nebst ihren Haus- und Flattertieren namens Adneinats hat aus der Not  ihrer Anonymität eine Tugend gemacht, ihren Heimatort  – trotz der komplizierten deutschen Bestimmungen- unter Beibehaltung des Ortsnamens nach Brandenburg verlegt und ihren Anführer zum Boss als „Para-Grafen“ ernannt  (ernannt).

Er hat sofort das alte Landrecht von Frodsmreh (gesprochen Frodsmech) zum Grundrecht der neuen Heimat  erklärt, wobei bei der Abstimmung darüber die zehn Stimmen seiner Kinder natürlich sehr hilfreich waren. So konnte das Gebiet ringsum in der Größe von etwa Monaco problemlos annektiert und mit Postrecht versehen werden: Die erste Briefmarke ist postwendend erschienen, Die erste Anordnung des Para-Grafen schien aber recht seltsam:

„Jede Familie muss einen Vogel haben!“ Er dachte dabei an die für  Frodsmreh typischen Mohrenkopfpapageien, die bekanntlich gute Sänger, flinke Postboten und vor allem gute Aufpasser,  ja echte Spione waren. Sie galten als gut erzogen, mussten zum Beispiel Geldscheine, die sie aufpickten zurückbringen

Sie durften allerdings nie alle zusammen aufsteigen, da dies zu auffällig wäre, ja bedrohlich erscheinen könnte.

Zum großen Ereignis für Frodsmreh wurde die feierliche Verkündigung, dass  alle Bürger ab sofort Akademiker würden. Sie mussten lediglich per Gebühr Mitglied der Zwitscher-Akademie werden, die der Para-Graf zu diesem Zweck gründete, um das Bildungsbedürfnis zu verstärken. Nach geltendem Recht war die Bezeichnung Akademie NICHT GESCHÜTZT, auch, weil sie ja jedem nützt.

Selbst in Harvard merkte man auf. Auch andere Neuerungen sprachen sich schnell herum: So erhielten die – ohnehin sprachbegabten- Vögel Deutschunterricht, Anti-Katzen-Training

und Erläuterungen, wie man ungefährdet Erdkabel der gefährlichen Windräder anknabbert.  Die Vögel waren von Anfang an enorrm moti-tiert, was man auch darauf zurückführen kann, dass sie nicht nur immer an frischer Luft schliefen, sondern sich in den nächtlichen Ruhephasen der Meditation hingaben – der Annäherung ans Himmlische. Nichts anderes taten und tun ja die Kirchen zum Beispiel mit den religiösen Darstellungen zu Ostern.

Die Akademie hat sich einer höchst anspruchsvollen Aufgabe verschrieben: die Vögel sollen dazu gebracht werden, aus gedruckten Texten alle Vokale herauszupicken, was das Gedruckte verkürzen, Papier sparen und das Roden von Bäumen reduzieren würde. Schließlich möchten sie weiterhin in den Wipfeln zwitscherrn können! Auch soll sich die Akademie darum bemühen, mit Hilfe der Vögel aus den übermäßig regal-isierten Büchern, jeweils eine wesentliche Aussage herauszupicken. Zum Beispiel:

“ Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen – der Herrgott ernährt sie doch.“ (Matthäus 6,26), oder „Die Reformation ist der Glaube aller derer, welche gerne etwas nicht mehr müssen“ (Jakob Burckhardt).

Das geradezu visionäre Ziel des Para-Grafen war es, die Bewohnerzahl von Frodsmreh durch eine 10-Kinder-pro-Familie-Vorschrift auf die Größe des antiken Athen zu erhöhen, wo damals von den ca. 30 000 Einwohnern manchen Tag ein Drittel  zu Beratungen und Gerichte zusammen saß.

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